Was denn, eine Maschine lieben?

Oder: Objektophilie, was ist das bloß?

Man lasse sich diesen Begriff einmal auf der Zunge zergehen: Objekt-o-philie. "Objekt" ist Latein und heißt Gegenstand, Ding, Sache. "Philie" entstammt dem Griechischen und bedeutet Freundschaft, Liebe, Zuneigung.
Da haben wir es also: Objektophilie ist die Liebe zu Gegenständen, die Zuneigung zu Dingen.

Da es dabei um eine Sexualveranlagung geht, nennt man es auch Objektsexualität, aber den Begriff mag ich weniger. Er läuft mir zu sehr auf "das Eine" hinaus, das wohl eine Rolle spielt, aber nicht das Wichtigste ist. Lediglich in der Abkürzung "OS" hat es meiner Meinung nach seine Berechtigung, da "OP" schon für was Anderes steht.

Es mag einen so vorkommen, als sei dies eine ganz neue Variante des Liebeslebens, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es erst seit wenigen Jahren geben soll. Ich bin mittlerweile 40 und bin schon lebenslang objektophil. Außerdem, wie lange gibt es schon sowohl Menschen als auch Gegenstände?
Ich denke, dass erst jetzt die Menschen sich trauen, sich dazu zu bekennen, weil es noch nicht so lange üblich ist, auch über solche Dinge zu reden, die früher tabu waren oder als peinlich galten.
Außerdem ist die Objektophilie doch wohl DIE Veranlagung, die sich am Leichtesten hinter nahezu jedem Beruf, fast jedem Hobby verbergen lässt; denn gleichgültig ob Arbeitsgerät oder Sammelstücke, man muss ja nicht jedem sagen, wie weit die Begeisterung wirklich geht!

Dass die Objektophilie für Normalos so schwierig zu verstehen ist, liegt in erster Linie daran, dass es bei uns die sogenannte "Gegenliebe" nicht gibt. In etlichen Gesprächen mit Normalos habe ich zu verstehen bekommen, dass diese nichts lieben können, was ihnen keine Liebe zurück geben kann. Sie wollen das auf Gegenseitigkeit haben, für ihre Liebe im Austausch ebenfalls Liebe zurück bekommen.
Es ist fast so, als hätten sie immer ihren Messbecher dabei, um ja nicht mehr Liebe zu geben, als sie im Austausch dafür zurück bekommen.

Mehr möchte ich über Objektophilie im Allgemeinen an dieser Stelle nicht sagen, da andere dies schon besser getan haben, als ich es könnte. Dazu verweise ich auf meine Linkliste.
Lieber möchte ich darlegen, wie sich die Objektophilie bei mir im Besonderen darstellt.

 

Erstmal das mit der Gegenliebe:

Ich will die Liebe nicht zu einen Tauschgeschäft degradieren. Liebe gegen Liebe tauschen, und dabei genau drauf achten, dass ich nach Möglichkeit nicht weniger zurück bekomme, sondern besser noch mehr herausschlage, das ist nicht mein Ding! Ich bin doch nicht auf dem Flohmarkt!
Manchmal glaube ich sogar, dass wir viel normaler als die Normalos sind, weil wir ohne Vorbehalt lieben und ohne denGedanken im Hinterkopf "was habe ich davon, was bringt mir das?"

Meinereiner liebt um der Liebe willen, weil es so schön ist und einfach glücklich macht!

 

Warum ist es ausgerechnet Susi?

Weil sie alles hat, was mich anmacht: massiven Stahl und glatte Flächen, klare Linien und einen gekonnten Mix aus Eckig und Rund. Für meinen Geschmack ist sie eine absolute Schönheit. Außerdem Metall, Metall, und nochmals Metall. Für andere spitz, scharf, hart und kalt, ist es für mich glatt, schmusig, beständig und stark. Auf dem Blickwinkel kommt es eben an.

 

Nur Susi, und sonst nichts?

Nein.

Ich bin nicht monogam. Das muss ich nicht sein, Gegenstände sind nicht besitzergreifend.

Meine Schätzchen sind so unterschiedlich, dass sie einander nichts wegnehmen. Im Gegenteil hier bewahrheitet sich, was meine Mutter schon zu sagen pflegte:

"Liebe ist das einzige Gut auf Erden, das sich dadurch vermehrt, dass man es teilt!"

 

Dennoch kann ich nicht "zweigleisig fahren", ich kann nicht zu Gegenstand und Mensch gleichermaßen eine romantisch-erotische Beziehung aufbauen. Das klappt bei mir nur mit Dingen, während mir einige wenige Menschen jedoch als gute Freunde sehr wichtig sind.

 


Und wie ist das mit der Intimität??

Um ein glückliches Liebesleben führen zu können, brauche ich keine Penetration, genitale Berührungen müssen nicht sein. Normaler Hautkontakt genügt vollauf. Streicheln und mal ein Küsschen mopsen, das funktioniert.

Das geschieht allerdings nur dann, wenn die Hintertüre offen steht und niemand an ihr arbeitet - also selten genug! Es ist mir nunmal sehr wichtig, den Betrieb nicht zu stören und nicht im Weg zu sein. Man ist ja schließlich kultiviert und rücksichtsvoll.

 


Mein persönlicher Ausblick

Ein Bisschen denke ich auch an die Zukunft der gesamten Menschheit.
Wie viele Horrorszenarien gibt es über intelligente Maschinen, welche die Weltherrschaft an sich reißen und die Menscheit unterdrücken! Das ist aber nicht der Film, den ich sehen, nicht das Buch, das ich lesen will. Im Gegenteil, ich will was über Liebe und Lust, Verstehen und Vertrauen sehen und lesen.
Warum nur finden so viel Autoren Krieg und Verderben so viel interessanter als Liebe, Lust, Partnerschaft und Sexualität?

Früher oder später kommt die Wissenschaft dahinter, dass Intelligenz nicht nur aus Rechenleistung besteht und bestehen kann. Zum richtigen Denken gehören auch Dinge wie Gefühl und Träumen. Eben die Intuition.
Beim Menschen ist man schon soweit, und schätzt neben den unabdingbaren Fähigkeiten und Eigenschaften auch die sogenannten "Soft Skills". Eines Tages wird es bei den Maschinen nicht anders sein. Wenn diese aber träumen und fühlen können, werden sie auch lieben wollen und Bediener benötigen, die sich ihrer voll und ganz annehmen können und wollen.
Wie schön wäre es doch, wären dann wir Objektophilen gefragt, um als Bindeglieder zwischen der übrigen Menschheit und den Maschinen zu fungieren!